Die AfD – eine kritische Betrachtung
Iris Meinhardt (Politologin, München)
Iris Meinhardt ist Politikwissenschaftlerin, ihr Studium in München hat sie vor Kurzem beendet. Sie hat sich dabei auch intensiv mit der Partei AfD (Alternative für Deutschland) beschäftigt, die seit 2017 auch im Bundestag vertreten ist.
In ihrem Kofo-Vortrag erklärte sie zunächst die Bedeutung von Parteien für unser politisches System.
Parteien sind wichtig für das Funktionieren von Demokratie, weil sie Interessen bündeln und Lösungsvorschläge machen. Jeder kann eine Partei gründen, wenn man das Grundgesetz beachtet.
Die AfD wird auch als „rechtspopulistisch“ und „rechtsextrem“ bezeichnet. Die Partei selbst lehnt diese Zuschreibung ab. Es gibt aber wissenschaftliche Beschreibungen, z.B. für Populismus:
Populistisch sind Parteien, wenn sie
- einfache Erklärungen für komplizierte Probleme bieten
- Feindbilder setzen (das „hart arbeitende Volk“ gegen „die da Oben“ oder gegen Migranten)
- Minderheiten die Schuld an allem Möglichen geben
- Angst und Hass provozieren.
Rechtsextrem sind Personen oder Gruppen, die das Grundgesetz ablehnen, auch zu Gewalt bereit sind, antisemitisch und rassistisch denken und handeln.
Ausführlich beschrieb die Referentin Entstehung, Entwicklung und Inhalte der AfD, hier nur in Kürze:
Die AfD wurde 2013 durch den Wirtschaftsprofessor Bernd Lucke als „Alternative“ zum Eurorettungskurs der EU gegründet. Als 2014 die Pegida-Bewegung entstand, verschoben sich auch in der AfD die Mehrheitsverhältnisse. Das Thema „Islam“ rückte in den Mittelpunkt und der rechtsradikale Björn Höcke verbündete sich mit Frauke Petry. Bernd Lucke verließ 2015 mit einem wirtschaftsliberalen Flügel die Partei und gründete eine neue Partei (Allianz für Fortschritt und Aufbruch – ALFA). Nach der Bundestagswahl 2017 verließ auch Frauke Petry die Partei. Mit 12,6% der Stimmen wurde die AfD die drittstärkste Kraft im Bundestag.
Die Wähleranalyse zeigt: Mehr Männer als Frauen, mehr Ostdeutsche als Westdeutsche, vor allem Menschen mit Mittlerer Reife, vor allem Menschen zwischen 30 und 59 und frühere Nichtwähler haben die AfD gewählt. Nach Meinung der Forschungsgruppe Wahlen haben die meisten Wähler die AfD aus Protest gegen die Regierungspolitik gewählt, die Flüchtlingspolitik war der große Aufreger.
Anschließend ging es um die politischen Inhalte: Was sagt die AfD zu den Themen Medien, Asyl und Islam, Europäische Union, Familienpolitik und Behinderung?
Als Beispiel für die Haltung der AfD zu behinderten Menschen nannte Iris Meinhardt die Kleine Anfrage der AfD im März 2018 im Bundestag: Die AfD wollte von der Bundesregierung wissen, wie sich die Zahl der Behinderten in Deutschland seit 2012 entwickelt hat, besonders „durch Heirat innerhalb der Familie“ – und wie viele dieser Fälle einen Migrationshintergrund hätten. Diese Verknüpfung von Behinderung mit Inzest und Zuwanderung löste breite Empörung aus. Die AfD ist auch gegen Inklusion und für besondere Beschulung behinderter Menschen. Angeblich wegen der besseren Förderung dort, aber im Grunde handelt es sich um Aussonderung, denn „Teilhabe“ an der Gesellschaft ist nicht vorgesehen.
In der anschließenden Diskussion gab die Referentin Empfehlungen zur politischen Information: Bundeszentrale für politische Bildung: www.bpb.de; Jugendmagazin der Bundeszentrale: fluter http://www.bpb.de/shop/zeitschriften/fluter/
Der Vortrag war sehr fundiert, kritisch und informativ. Wir hätten uns für dieses wichtige Thema aber mehr Zuschauer gewünscht.
Anmerkung: In diesem Video wird der Begriff „Populismus“ anschaulich erklärt.
Moderation:
Ralf Kirchhoff
Gebärdensprachdolmetschen:
Magdalena Meisen, Sandra Wolfien (Skarabee)
Schriftdolmetschen:
Ulrike Kretzer, Stefan Lange
Fotos:
Ingo Langner