Jahrgang 2004
2004
Tinnitus und Hörschädigung
Referent: Dr. med. Roland Zeh
Auch dieses Kofo war sehr gut besucht, schwerhörige und gehörlose Gäste waren zahlenmäßig etwa gleich vertreten.
Der Vortrag war ausführlich und interessant. Mit einer Powerpoint-Präsentation wurden die wichtigsten Informationen auf die Leinwand projiziert und Zusammenhänge anschaulich gezeigt.
Viele Gäste bedauerten, dass keine Zeit blieb für eine Diskussion. In der Pause und nach der Veranstaltung konnten aber noch Fragen an den Referenten gestellt werden.
Wer mehr lesen möchte: Hier der ausführliche Bericht im pdf-Format.
Der Islam und die Einheit der Religionen
Referent: Ege Karar
Ein neuer Besucher-Rekord: Ungefähr 180 Gäste kamen zu diesem Kofo-Abend. Das zeigt das große Interesse an diesem Thema. Dieses Mal waren auch sehr viele Jugendliche gekommen.
Nach den Terroranschlägen der letzten Jahre – besonders nach dem 11. September 2001 – gibt es große Vorurteile gegen den Islam. Die Medien zeigen gerne gewalttätige Terroristen und verschleierte Frauen. Viele Menschen denken: Islam bedeutet Terror, Gewalt, Frauenunterdrückung. Die zahlreichen friedliebenden, toleranten und weltoffenen Muslime leiden unter diesen Stereotypen (= falsche, vereinfachte, ungerechte Urteile). Es gibt aber auch terroristische Muslime („Islamisten“), sie haben den Islam nicht verstanden und verstärken dieses falsche Bild.
Ege möchte mit seinem Referat Vorurteile widerlegen, auf die ursprüngliche Bedeutung von „Islam“ hinweisen und für ein friedliches Zusammenleben der Religionsgruppen werben.
Bastienne Rehe dolmetscht für Pfarrer Emler
Winny
Hier ist der ausführliche Bericht (pdf-Format)
Bericht in der DGZ 1/2005
(Bericht in der DGZ 1/2005 mit freundlicher Genehmigung der Redaktion)
Sind Museen offen für Hörgeschädigte ? – Diskussion am Beispiel der Route Industriekultur
Sind Museen offen für Hörgeschädigte ? – Diskussion am Beispiel der Route Industriekultur
ReferentInnen: Christoph Hrubesch, Martina Bergmann, Renate Welter
Wir waren gespannt, wie viele Gäste sich zu diesem Thema einfinden. Es kamen ca 90 BesucherInnen. Auffallend (aber nicht wirklich überraschend): es waren keine Jugendlichen darunter. Oder habe ich jemanden übersehen ? Nur für eine kurze Zeit schauten einige zu, verließen aber dann wieder den Raum. Das wurde auch von Martina Bergmann bedauert.
Von den anwesenden Gästen und den Referenten wurde ein realistisches Bild des Kulturangebotes für Hörgeschädigte gezeichnet und mögliche Wege zur Veränderung aufgezeigt.
Hier gibts mehr zu lesen… (der Bericht als pdf-Dokument)
Ein dickes Dankeschön an die Gebärdensprachdolmetscherinnen von Skarabee und an Gisela Kaul (Schriftdolmetscherin)
Sexuelle Gewalt gegen hörgeschädigte Kinder
Referentin: Dr. Anja Dietzel
Auch dieses Kofo fand wieder vor „vollem Haus“ statt. Mehr als 150 BesucherInnen waren gekommen: Jugendliche, Erwachsene, Gehörlose, Schwerhörige, Hörende – darunter auch KollegInnen von Hörgeschädigtenschulen.
Anja Dietzel schaffte es, das anspruchsvolle Thema für alle Besucher interessant vorzutragen.
Alle waren betroffen von den hohen Opferzahlen und den besonderen Risikofaktoren bei hörgeschädigten Kindern.
Die Referentin zeigte an Beispielen, wie Eltern und Lehrer vorbeugen können.
Hier gibts mehr zu lesen… (der vollständige Bericht als pdf-Dokument)
Danke auch an die Dolmetscherinnen von Skarabee und an Gisela Kaul (Schriftdolmetscherin)
Deaf History – Was bedeutet die Geschichte der Gehörlosen ?
Referent: Helmut Vogel
Ca. 150 Besucher konnten wir an diesem Kofo-Abend begrüßen – über das große Interesse an diesem Thema haben wir uns sehr gefreut.
Als DGS-Dolmetscherinnen war wieder das bewährte Team von Skarabee (Magdalena Meisen-Jelas und Bastienne Rehe) im Einsatz. Leider gab es beim Schriftdolmetschen (zum ersten Mal) einen technischen Fehler – wir bitten die ZuschauerInnen um Entschuldigung für die Störungen.
Nach der Begrüßung durch Frank Brüggemann begann Helmut Vogel seinen umfangreichen Vortrag. Ich kann hier nur über einzelne Schwerpunkte schreiben. Die Deutsche Gehörlosen-Zeitung wird auch berichten; wer beide Berichte liest, kann sich einen guten Überblick verschaffen.
Biographie
Helmut Vogel wurde in München als gehörloses Kind gehörloser Eltern geboren. Auch seine Großeltern mütterlicherseits waren gehörlos. Er wuchs daher in Gehörlosenvereinen auf und erlebte das Gehörlos-Sein als völlig normal. Schon früh interessierten ihn die Erzählungen älterer Gehörloser und ganz allgemein die Geschichte. Nach dem Abitur in Essen studierte Helmut Vogel Erziehungswissenschaften, Geschichte und Gebärdensprache in Hamburg. Am Institut für Gebärdensprache und Kommunikation Gehörloser arbeitete er als studentische Hilfskraft bei Prof. Dr. Renate Fischer. Sie brachte einen neuen Zweig der Geschichtsforschung von den USA nach Deutschland: die „Deaf History“.
Helmut Vogel beendete sein Studium mit einer Magisterarbeit zum Thema Gehörlosenbildung im 19. Jahrhundert.
Heute arbeitet er als freiberuflicher Dozent und forscht und engagiert sich ehrenamtlich für die Deaf History. Seit 3 Jahren ist er erster Vorsitzender des Vereins „Kultur und Geschichte Gehörloser e.V.“ (KuGG).
Deaf History – Anfänge in den USA
1960 bewies William Stokoe (hörender Linguist an der Gallaudet-Universität): die Gebärdensprache ist eine vollwertige Sprache. Sie besteht aus bedeutungsunterscheidenden Teilen, genau wie Lautsprachen auch. Bei Lautsprachen sind es Konsonanten oder Vokale (z.B. Butter / Mutter) – bei Gebärdensprachen z.B. Handstellung oder Ausführungsort. Diese Entdeckung trug sehr zur Entwicklung eines Selbstbewusstseins, besonders unter den jungen Gehörlosen bei. Professor Prillwitz / Hamburg übernahm in den achtziger Jahren diese amerikanischen Untersuchungsergebnisse und übertrug sie auf die Deutsche Gebärdensprache.
1980 veröffentlichte Jack Gannon, ein gehörloser Professor der Gallaudet-Universität, ein 2-bändiges Geschichtsbuch: „Deaf Heritage. A Narrative History of Deaf America“ (Das Erbe der Gehörlosen – eine erzählende Geschichte über die Gehörlosen in Amerika). Gannon hat die Unterlagen über die Studierenden in Gallaudet seit 1863 gesichtet und darüber geschrieben: über gehörlose Bildhauer, Pädagogen, Vereinsgründer… Sein Buch erregte Aufsehen und war Anstoß für eine weltweite emanzipatorische Bewegung, die später unter dem Namen „Deaf History“ bekannt wurde.
Deshalb gehören „wiederentdeckte“ Gebärdensprache und die Deaf History zusammen. Gehörlose haben begriffen: Sie selbst besitzen eine vollwertige Sprache und eine gemeinsame Geschichte. Sie nahmen sich anders wahr und machten sich Gedanken über ihre Sprache, Identität, Kultur und Geschichte. So entwickelten sie ein eigenes Selbstbewusstsein.
Vier Jahre später kam ein weiteres erfolgreiches Buch auf den Markt: Harlan Lane, When the mind hears. In Deutschland erschien das Buch unter dem Titel: „Mit der Seele hören“, diese Übersetzung passt nicht richtig. Mind bedeutet hier: Verstand, Geist. Denn der Verstand ist wichtig, nicht das Hören. Harlan Lane, hörender Sprachwissenschaftler und Psychologe, beschrieb die Lebenssituation Gehörloser in Frankreich und in den USA im 19. Jahrhundert. Die erste Gehörlosenschule in den USA wurde von einem französischen gehörlosen Lehrer gegründet: Laurent Clerc. Harlan Lane schlüpfte in die Rolle des Laurent Clerc und schrieb sein Buch aus der Sicht dieses gehörlosen Lehrers. Die Veröffentlichung seines Buches in den USA und später in Deutschland hatte Auswirkungen: Gehörlose (und unterstützende Hörende) sahen, dass es eine andere Geschichtsschreibung gibt als die Darstellung der Gehörlosenpädagogen in den letzten 100 Jahren.
Deaf History wurde zu einem wichtigen Forschungsbereich. 1991 wurde zum ersten Mal eine Tagung der Deaf History International (DHI) in Washington D.C. durchgeführt.
Entwicklung in Deutschland
Auf dieser Tagung in Washington nahm auch Frau Prof. Dr. Renate Fischer aus Hamburg teil. Sie brachte die Ideen mit nach Deutschland und begann am Institut für Gebärdensprache und Kommunikation Gehörloser in Hamburg über die Geschichte der Gehörlosen in Deutschland zu forschen. Ein Beispiel war ihr Projekt über Hugo von Schütz, dem einzigen gehörlosen Schulgründer in Deutschland. Er gründete 1820 die Gehörlosenschule in Bad Camberg.
1994 organisierte Frau Fischer mit gehörlosen und hörenden Mitarbeitern des Instituts die zweite Tagung des Deaf History International (DHI) in Hamburg.
Zwei Jahre später wurde in Leipzig die „Deaf History – Interessengruppe zur Geschichte der Gehörlosen“ gegründet. Führendes Gründungsmitglied war Jochen Muhs (Berlin). Er ist den vielen bekannt durch seine Forschungen der jüngeren deutsche Geschichte: Nationalsozialismus und 2. Weltkrieg. Es war damals eine lockere Vereinigung – ohne Mitgliedsbeiträge. Man traf sich alle 2-3 Jahre. 2001 wurde diese Gruppe mit dem Verein „Kultur und Geschichte Gehörloser e.V.“ zusammengeschlossen. Dieser Verein ist aus der 1993 vom Deutschen Gehörlosen-Bund gegründeten „Interessengemeinschaft zur Förderung der Kultur Gehörloser“ hervorgegangen und trägt seit 1998 den obengenannten Namen. Beim Zusammenschluss wurde Helmut Vogel zum ersten Vorsitzenden gewählt. Die nächste Jahrestagung und Mitgliederversammlung mit Vorstandswahl findet vom 4. – 6. Juni 2004 in Heidelberg statt.
Verschiedene Forschungsergebnisse in Deutschland
Ein Beispiel ist Eduard Fürstenberg: Er hat 1848 in Deutschland den ersten Gehörlosenverein gegründet. Ab 1872 gab der Verein auch die erste Gehörlosen-Zeitung heraus: „Der Taubstummenfreund“. Der Anlass ist interessant: Damals fand in Berlin jedes Jahr ein großes Kirchenfest statt. Der deutsche Kaiser Wilhelm I. ermöglichte es den Gehörlosen, kostenlos mit dem Zug nach Berlin zum Kirchenfest zu fahren. Über 1000 Gehörlose kamen, fanden es angenehm und tauschten sich aus… 15 Jahre lang jedes Jahr. Später traf man sich weiter regional. Es gab auch mehrere internationale Gehörlosenkongresse mit unterschiedlichen Themen: Schule, Kindergarten, internationale Kontakte usw. „Der Taubstummenfreund“ berichtete über diese Ereignisse.
In Hamburg oder Leipzig kann man diese Zeitschrift heute noch im Archiv lesen.
Helmut Vogel interessierte sich besonders über die Gehörlosenpädagogik in Deutschland vor dem Mailänder Kongress 1880. Damals benutzte man in den Gehörlosenschulen die „kombinierte Methode“ – eine Mischung aus Lautsprache und Gebärdensprache. Es gab auch mehrere gehörlose Lehrer. Leider hat sich später die orale Methode durchgesetzt und gehörlose Lehrer konnten nicht mehr unterrichten.
Über diese Zeit gibt es interessante Literatur von Gehörlosen selbst, z.B. von Otto Friedrich Kruse. Er hat selbst ca. 10 Bücher geschrieben.
Helmut Vogel hätte sicher noch 2 Stunden weiter erzählen können – es wäre nicht langweilig geworden. Aber zu jedem Kofo gehört eine Diskussion, deshalb musste er seinen Vortrag leider etwas abkürzen.
Zum Schluss gab er noch folgende Informationen:
Vom 4.-6. Juni 2004 findet in Heidelberg die 2. Jahrestagung des KuGG statt: „Wege zum Verstehen der Gehörlosenkultur“. Referenten aus England, Griechenland und Hamburg werden Vorträge halten.
Der Vortrag heute ist eine Einführung. Helmut Vogel würde sich über Interessenten freuen, die mitarbeiten möchten. Er ist freiberuflicher Dozent und bietet Vorträge und Schulungen zum Thema Deaf History an. Anbei die Themenliste
Der Verein KuGG möchte auch in den Gehörlosenschulen über das Thema berichten. Gehörlose Kinder sollen Erwachsene erleben, die zu ihrer Geschichte etwas zu sagen haben.
Über die Geschichte der Gehörlosenbildung und über Gehörlosenkultur kann man Artikel des Referenten aus dem Internet herunterladen.
Diskussion
Gibt es ein Buch über die Geschichte der Gehörlosen in Deutschland ?
HV: Es ist geplant, ein solches Buch herauszugeben.
1991 war ich bereits im Fachausschuss für Kultur tätig. Es fehlte ein Archiv über Literatur und Theater. Hat man jetzt damit angefangen ?
HV: In Hamburg wurde viel gesammelt. U.a. Horst Biesold war dort tätig. Seine Sammlung über die Nazi-Zeit hat er an die Universität Hamburg gegeben. Es wäre wichtig, alle gesammelte Literatur an ein besonderes Institut für Deaf History zu geben – aber es braucht Zeit und Geld. Wir müssen Politiker überzeugen, uns zu fördern.
Wir müssen Bücher herausgeben als Reihe, die man in jeder Buchhandlung kaufen kann.
HV: Ja, eine Schriftenreihe wurde angefangen, über Heidsiek und Wilke. Es gibt aber noch keine Fortführung. Die Idee bleibt, aber ich weiß nicht, wann ich das alles neben Forschung und Vorträgen machen soll.
Gibt es ein Museum für Gehörlosengeschichte / für den Gehörlosenbereich ?
HV: Das wäre schön, in Amerika gibt es eine Wanderausstellung.
Tipps von Diskussionsteilnehmern:
- Es gibt in Trondheim/Norwegen ein Museum (Norwegisches Museum der Gehörlosengeschichte)
- In Leipzig gibt es eine Bibliothek und eine kleine Ausstellung
- In Friedrichshafen / Bodensee gibt es ein Museum mit einem Ausstellungsraum über Schulbildung gehörloser Kinder
- Im Deutschen Museum in München gibt es einen Ausstellungsbereich über technische Hilfen für Hörbehinderte (Schreibtelefon, Hörgerät, Blitzlichtanlagen)
- In Bad Camberg gibt es eine Ausstellung über die Gehörlosenschule Bad Camberg innerhalb des Heimatmuseums
Wie kann man historische Quellen (z.B hier in NRW) finden ?
HV: Man kann in Zeitungen suchen. Seit 1872 gibt es Gehörlosen-Zeitungen. Sie sind in Hamburg archiviert. Man kann in Stadt-, Landes- oder Bundesarchiven forschen. In der Festschrift des Deutschen Gehörlosenbundes zum 75. Jubiläum kann man auch interessante Informationen zum Thema Geschichte nachlesen.
Ich bin Schüler am Rhein.-Westf. Berufskolleg. Ich wünsche mir das Thema Deaf History als Unterrichtsfach.
HV: Das ist eine Superidee. Man müsste überlegen, in welcher Form das stattfinden kann: als Wahlfach oder als Teil des Geschichtsunterrichts.
Zum Thema Unterrichtsfach: An der Essener Hörgeschädigtenschule gibt es ein Projekt Hörgeschädigtenkunde. Ich unterrichte dort in diesem Projekt. Für den Bereich Geschichte haben wir große Schwierigkeiten, an Material zu kommen. Erst wenn man genug Material hat, könnte man das Fach einführen.
HV: Der Deutsche Gehörlosenbund hat einen Fachausschuss, der sich mit Unterrichtsinhalten beschäftigt. Es gibt Materialsammlungen, zum Beispiel die Schriften über Wilke, ihr könnt viele Informationen auch aus dem Internet herunterladen.
Leider mussten wir gegen 21.20 die interessante Diskussion schließen.
Zum Weiterstöbern empfehlen wir die Website des Vereins KuGG:
www.kugg.de
Helga Ulbricht
Gesundheitsvorsorge für Frauen
Referentin: Dr. Katharina Stoltzenberg
Moderation: Winny Stenner
DGS-Dolmetschen: Bastienne Rehe, Esther Winking (Skarabee)
Schriftdolmetschen: Monika Widners
Zum ersten Kofo im neuen Jahr kamen überraschend viele BesucherInnen. Wir freuten uns auch über das Interesse zahlreicher Männer an diesem Thema.
Winny begrüßte die Gäste und stellte die Referentin vor: Dr. Katharina Stoltzenberg ist Hebamme und Gynäkologin, sie kann selbst gebärden – wird an diesem Abend aber in Lautsprache referieren.
Welche Vorsorgeuntersuchungen zahlt die Krankenkasse 2004 ?
Für Männer und Frauen:
Ab 35 J: alle 2 Jahre eine allgemeine körperliche Untersuchung (Früherkennung von Diabetes, Bluthochdruck, Herz-Kreislauf, Nierenerkrankung)
Ab 50 J.: jedes Jahr Tastuntersuchung des Enddarms und Test auf verborgenes Blut im Stuhl (Früherkennung von Darmkrebs)
Ab 56 J.: einmalige Darmspiegelung (Früherkennung von Darmkrebs). Kontrollspiegelung nach 10 Jahren.
Für Frauen:
Ab 20 J.: jedes Jahr Unterleibsuntersuchung und Krebsabstrich
Ab 30 J: jedes Jahr Tastuntersuchung der Brust und der Achselhöhle. Anleitung zur Selbstuntersuchung der Brust.
Ab 50 bis 70 J.alt: alle zwei Jahre Mammographie
esuch bei der Frauenärztin
a. Vorgespräch mit der Ärztin (die Patientin ist voll bekleidet, Ärztin und Patientin sitzen sich gegenüber). Die Ärztin stellt folgende Fragen: Warum kommen Sie ? Wann war die letzte Periode ? Wenn Sie die Pille nehmen: Vertragen Sie die Pille gut ?
b. Untersuchung auf dem gynäkologischen Stuhl
- Tastuntersuchung des Unterleibs (manchmal schmerzhaft)
- Krebsabstrich von den Zellen am Gebärmutterhals (schmerzlos).
Der Krebsabstrich wird in ein Labor geschickt. Nach 1–2 Wochen ist das Ergebnis da. Nur wenn das Ergebnis auffällig (=schlecht) ist, bekommt man eine Nachricht. Dann muss die Ärztin weiter kontrollieren:
Die Zellen sind wenig verändert (Gruppe 3): Kontrollabstriche alle 3 Monate
Die Zellen sind stark verändert (Gruppe 4–5): Eine Gewebsuntersuchung ist notwendig. Ein Gewebestück wird abgeknipst (schmerzlos) oder: Ausschabung der Gebärmutter (Vollnarkose)
Zusätzliche Untersuchungen bei auffälligem Befund:
- Kolposkopie: die Ärztin untersucht den äußeren Gebärmutterhals mit einer beleuchteten Lupe
- Rektale Untersuchung: Tastuntersuchung im Darm (bei Kindern und Jungfrauen, bei schwierigen Tastbefunden).
- Ultraschall: vom Bauch aus oder durch die Scheide
Wenn Krebs im Gebärmutterhals gefunden wird, muss man nicht immer die Gebärmutter entfernen. Oft reicht eine Konisation = kegelförmige Ausschneidung aus dem Gebärmutterhals. Die Konistation wird im Krankenhaus (Vollnarkose) gemacht.
c. Untersuchung der Brust
Frau und Ärztin stehen sich gegenüber. Die Ärztin tastet systematisch beide Brüste und die Achselhöhlen ab. Bei auffälligem Befund zusätzlich Tastuntersuchung im Liegen.
Wichtig: Selbstuntersuchung der Brust
Jede Frau kann lernen selbst ihre Brust zu untersuchen. Das ist wichtig, weil 60–70% der Brustveränderungen (gutartig oder bösartig) von den Frauen selbst gefunden werden.
Wie geht die Selbstuntersuchung ?
Am besten nach der Periode (die Brust ist unauffällig):
- vor dem Spiegel mit anliegenden Armen. Sehe ich Veränderungen der Brust: Umfang ? Form? Aussehen der Haut ?
- beide Arme anheben: bewegen sich die Brüste mit ? Sehe ich Hautfalten ? Ist die Brust an einer Stelle eingezogen oder vorgewölbt ? Ist eine Brust verändert ?
- Brustwarzen zusammendrücken: Tritt Flüssigkeit aus ?
- Beide Brüste im Uhrzeigersinn mit der flachen Hand abtasten: rechte Brust mit der linken Hand, linke Brust mit der rechten Hand. Jedes Viertel genau abtasten.
- Dasselbe noch mal im Liegen machen.
- Im Liegen: Achselhöhlen abtasten. Fühle ich Schwellungen ?
Wenn Sie Auffälligkeiten feststellen oder unsicher sind: zur Ärztin gehen. Die Ärztin kann dann weiter untersuchen:
- Mammographie (= Röntgenuntersuchung der Brust). Etwas schmerzhaft. 90 % der Tumore können gefunden werden.
- Ultraschall der Brust: Restliche 5–10% der Tumore können gefunden werden.
- Probepunktion: Vor einer Operation wird immer eine Probepunktion durchgeführt. Erst unter dem Mikroskop kann man sicher erkennen, ob die Frau tatsächlich Brustkrebs hat.
- Operation: In den meisten Fällen (70%) muss man nur den Tumor entfernen. Die Brust bleibt erhalten. Anschließend ist oft eine Bestrahlung der Brust und eine Chemotherapie notwendig. Aber Brustkrebs ist kein Todesurteil ! Bei guter Therapie sind die Überlebenschancen gut. Je früher der Krebs entdeckt wird, um so besser sind die Heilungschancen. Deshalb ist die Selbstuntersuchung der Brust so wichtig.
Nach der Pause begann die Diskussion:
Woher kommt Brustkrebs ? Was ist die Ursache ?
- Vererbung mütterlicherseits – wenn die Mutter, die Schwester, die Großmutter (mütterlicherseits) Brustkrebs hatte, dann ist das Risiko erhöht.
- Hormontherapie: in den USA musste man eine großangelegte Untersuchung an Frauen (über die Auswirkungen von Hormontherapie in den Wechseljahren) abbrechen, weil Frauen in der Gruppe mit Hormontherapie etwas häufiger Brustkrebs bekamen als in der Kontrollgruppe ohne Hormone.
- Eventuell ist auch die Kinderzahl und das Stillen wichtig. Frauen in den Entwicklungsländern bekommen seltener Brustkrebs.
Frauen sind oft gehemmt, wenn eine Dolmetscherin beim Arztbesuch und bei der Untersuchung dabei ist. Ich finde es besser, wenn man Stift und Zettel benutzt und aufschreibt.
Manchmal klappt das gut. Aber oft haben die Ärzte wenig Zeit oder die gehörlose Frau kann sich schriftlich nicht so gut ausdrücken. Mit Dolmetscherin ist die Verständigung schnell und sicher.
Viele Frauen haben Angst davor, dass die Gebärmutter oder die Brust entfernt wird. Sie befürchten, dass sie vom Partner verlassen werden.
Viele Frauen haben diese Ängste. Nach meinen Erfahrungen finden die Männer das gar nicht so schlimm. Die Frauen aber sind in ihrem Selbstvertrauen gestört. Man kann auch Hilfe durch eine Eheberatungsstelle bekommen oder einen Therapeuten besuchen. Andere Menschen können nicht erkennen, ob eine Frau eine Brustoperation hatte, nur der Partner. Es gibt Einlagen für die Büstenhalter.
Eine Frau hat Gebärmutterhalskrebs. Sie möchte aber noch Kinder bekommen.
Was kann die Ärztin tun ?
Das ist abhängig vom Krebsbefund. Wenn man die Konisation klein ausführen kann, dann kann die Frau noch ein Kind bekommen. Der Arzt wird auch vorsichtig sein mit Strahlentherapie. Denn die Bestrahlung trifft auch die Eierstöcke und kann die Eizellen schädigen.
Spürt man den Gebärmutterhalskrebs ?
Nein, den Krebs spürt man leider nicht. Im Bauchraum kann sich Krebsgewebe ausbreiten, es entsteht kein Druckschmerz (anders im Kopf). Im fortgeschrittenen Stadium kann eine Blutung (außerhalb der Periode oder bei älteren Frauen) auf Krebs hinweisen. Regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen sind ein guter Schutz.
Tragen die Männer auch eine Mitverantwortung ? Kann mangelnde Hygiene der Männer zu mehr Gebärmutterhalskrebs führen ?
Man weiß, dass bei Kondombenutzung oder bei stabiler Partnerschaft seltener Gebärmutterhals auftritt.
Auch Rauchen erhöht das Risiko, man weiß aber noch nicht, warum.
Mir musste die Gebärmutter entfernt werden. Produziert mein Körper weiter Hormone ? Wie ist das mit den Wechseljahren ?
Normalerweise bleiben die Eierstöcke im Körper. Nur die Gebärmutter wird herausoperiert. Die Eierstöcke produzieren weiter Hormone. Die Frau bekommt ganz normal ihre Wechseljahre. Sie kann sogar Menstruationsbeschwerden haben, obwohl sie keine Blutung mehr hat (Spannung in den Brüsten, Unwohlsein).
Warum haben einige Frauen starke Regelschmerzen – andere Frauen nicht ?
Diese Frage kann man schwer beantworten. Früher hat man gesagt: Frauen mit starken Regelschmerzen haben Probleme mit ihrem Frausein. Das stimmt nicht. Regelschmerzen können unterschiedliche Ursachen haben. Die Gebärmutter kann wachsen, es kann Verwachsungen geben. Ein kleiner Trost: Die Beschwerden verschwinden bei einigen jungen Frauen von selbst. Nach einer Schwangerschaft sind die Beschwerden seltener.
Ich habe von einem neuen Verhütungsmittel gehört. Es ist ein kleiner Ring, den man in die Scheide einführt. Er bleibt 3 Wochen in der Scheide. Man nimmt ihn heraus, bekommt die Regelblutung, danach führt man ihn wieder ein.
Es gibt noch wenig Erfahrung darüber. Es ist neu auf dem Markt.
Was ist besser – Tampon oder Binde ?
Das ist egal. Wichtig, wenn man ein Tampon benutzt: Nicht länger als 12 Stunden in der Scheide lassen.
Ich war zur Krebsvorsorge. Ich wollte, dass Abstrich, Untersuchung und Ultraschall gemacht wird. Der Arzt sagte, die Ultraschalluntersuchung muss ich selbst bezahlen.
Das stimmt. Seit der Gesundheitsreform ist die Ultraschalluntersuchung nicht mehr in der Vorsorgeuntersuchung dabei. Man muss die Ultraschalluntersuchung privat zahlen. Aber bei Schmerzen, nach Krebs oder bei Zysten bezahlt die Krankenkasse diese Untersuchung.
Was ist mit Ultraschalluntersuchungen in der Schwangerschaft ?
Die Krankenkasse zahlt 2 Ultraschalluntersuchungen in einer normalen Schwangerschaft. Für das Baby ist jede Ultraschalluntersuchung eine große Lärmbelastung. Man vermutet, dass es für das Baby so laut ist wie der Lärm einer U-Bahn in einem Tunnel. 2 Untersuchungen sind bei einem normalen Schwangerschaftsverlauf ausreichend.
Ich bin in der Dolmetscherausbildung. Wie sollen sich Dolmetscher bei Arztbesuchen verhalten ? Es gibt auch kritische Momente, z.B. bei der Untersuchung auf dem gynäkologischen Stuhl. Wie kann man diese Situation angenehm gestalten ?
Dolmetscherbegleitung ist wichtig, auch während der Untersuchung. Die Ärztin oder die Patientin kann während der Untersuchung Fragen stellen. Natürlich ist es am besten, wenn die Ärztin selbst gebärden kann. Das ist aber eine Ausnahme. Man muss in der Dolmetscherausbildung darüber sprechen und überlegen, wie man eine solche Situation besonders für die gehörlose Frau angenehm gestalten kann. Das gilt auch für andere Arztbesuche.
Um 21 Uhr beendete Winny den offiziellen Teil. Die Referentin war anschließend noch bereit, persönliche Fragen „unter 4 Augen“ zu beantworten.
Fotos: Frank Brüggemann